Ivermectin - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

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Der Wirkstoff Ivermectin ist ein Anthelminthikum, das topisch zur Behandlung von Rosazea oder oral zur Therapie von Wurminfektionen sowie Skabies (Krätze) angewendet wird.

Ivermectin: Wirkstoff-Monographien

Ivermectin 1 % Creme (Anwendung auf der Haut)Ivermectin 3 mg Tabletten (Zum Einnehmen)

Ivermectin: Übersicht

Kontraindikation

Schwangerschaft/Stillzeit

Verkehrstüchtigkeit

Anwendungshinweise

Alternativen

Ivermectin - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (7)

Anwendung

Ivermectin ist gegen zahlreiche Nematoden (Fadenwürmer) wirksam. Der Wirkstoff wird daher oral oder topisch bei folgenden Indikationen angewendet:

  • Gastrointestinale Strongyloidiasis (Anguillulosis, Zwergfadenwurm-Infektion)
  • Vermutete oder diagnostizierte Mikrofilarämie bei Patienten mit durch Wuchereria bancrofti verursachten lymphatische Filariose
  • Skabies (Krätze) verursacht durch Sarcoptes scarbei beim Menschen mit eindeutiger klinischer oder parasitologischer Diagnose
  • Topische Behandlung entzündlicher Läsionen der (papulopustulösen) Rosazea

Von der FDA ist der Wirkstoff weiterhin zur Therapie der Onchozerkose (Flussblindheit) zugelassen.

Anwendungsart

Ivermectin wird oral in Form von Tabletten eingenommen oder als hydrophile Creme auf die Haut aufgetragen.

Wirkmechanismus

Ivermectin zählt zu den sogenannten Avermectinen. Dabei handelt es sich um Neurotoxine, die durch Fermentation aus Streptomyces avermitilis (Strahlenpilz) gewonnen werden. Der Wirkstoff aktiviert Glutamat-gesteuerter Chloridkanäle in Nerven- und Muskelzellen der Mikrofilarien (erstes Larvenstadium von Fadenwürmern in Subcutis und Blut). Auf ausgewachsene Würmer hat Ivermectin keinen Einfluss. Durch Öffnung der Kanäle wird die Membranpermeabilität für Chloridionen erhöht und es kommt zur Hyperpolarisation der Zellen. Dies führt zu neuromuskulärer Paralyse und schlussendlich zum Absterben der Parasiten. Das Target von Ivermectin kommt bei Säugetieren in dieser Form nicht vor, eine Interaktion des Wirkstoffs mit anderen ligandengesteuerten Chloridkanälen (z.B. GABA-Rezeptoren) ist aber möglich. Allerdings ist die Affinität für diese nur sehr gering. Ivermectin hemmt weiterhin die Lipopolysaccharid-induzierten Produktion entzündlicher Zytokine.

Pharmakokinetik

Resorption
Ivermectin wird in geringem Maße nach topischer Applikation absorbiert. Die Resorption nach oraler Gabe ist deutlich höher, dabei werden nach etwa vier Stunden maximale Plasmaspiegel erreicht. Die Plasmakonzentrationen sind in der Regel proportional zur angewendeten Dosis.

Verteilung
Der Wirkstoff ist zu über 99% an Plasmaproteine, hauptsächlich an Serumalbumin gebunden. Ivermectin passiert die Blut-Hirn-Schranke nur in geringem Maße.

Metabolismus
Der Metabolismus von Ivermectin erfolgt hauptsächlich über das EnzymCYP3A4in die zwei Hauptmetaboliten 3“-O-Demethyl-Ivermectin und 4a-Hydroxy-Ivermectin.

Elimination
Das Anthelminthikum wird hauptsächlich über die Fäzes und zu unter 1% renal eliminiert. Die Halbwertszeit nach einmaliger Einnahme liegt bei 12 Stunden, während die der Metaboliten etwa drei Tage beträgt. Bei regelmäßiger topischer Anwendung erhöht sich die Halbwertszeit auf sechs Tage.

Dosierung

Die orale Anwendung von Ivermectin wird ab einem Körpergewicht über 15 kg empfohlen, da zuvor die Blut-Hirn-Schranke noch nicht vollständig ausgebildet ist. Die Tabletten werden mit Wasser auf nüchternen Magen eingenommen. Für Kinder unter sechs Jahren können diese zuvor zerkleinert werden. Die Dosierung ist abhängig von Körpergewicht und Indikation. Eine Tablette enthält in der Regel 3 mg Ivermectin.

Gastrointestinale Strongyloidiasis
Es wird eine Dosis von 200 µg Ivermectin pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen.

Durch Wuchereria bancrofti verursachte Mikrofilarämie
Die Massenbehandlung der durch Wuchereria bancrofti verursachten Mikrofilarämie erfolgt als einmalige orale Gabe im Abstand von sechs Monaten. Die empfohlene Dosis beträgt 150 bis 200 µg Ivermectin pro Kilogramm Körpergewicht. In endemischen Gebieten kann das Arzneimittel auch nur einmal alle 12 Monate gegeben werden, die empfohlene Dosierung beträgt dabei 300 bis 400 µg/kg. Alternativ kann die Dosierung hierbei auch anhand der Körpergröße bestimmt werden.

Skabies (Krätze)
Zur Behandlung der Skabies wird eine einmalige Gabe von 200 µg Ivermectin pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Bei der gewöhnlichen Skabies kann eine Abheilung erst nach etwa vier Wochen sicher festgestellt werden. Treten neue spezifische Läsionen auf oder ist der parasitologische Befund positiv kann in Ausnahmefällen eine zweite Dosis nach zwei Wochen nötig sein. Handelt es sich um eine ausgedehnte Skabies crustosa (Krustenskabies), kann bei schweren Infektionen innerhalb von acht bis 15 Tagen eine zweite und/ oder eine begleitende topische Therapie nötig sein.

Topische Behandlung der Rosazea
Eine Creme zur topischen Behandlung der Rosazea bei Erwachsenen enthält 10 mg/g Ivermectin. Die Anwendung erfolgt einmal täglich über bis zu vier Monate als Monotherapie oder Kombinationsbehandlung beispielsweise mit Doxycyclin-Kapseln. Je nach Krankheitsbild kann der Behandlungszyklus wiederholt werden. Die kutane Anwendung erfolgt ausschließlich auf dem Gesicht.

Nebenwirkungen

Die Nebenwirkungen bei der Einnahme von Ivermectin scheinen unter anderem von der Dichte der Mikrofilarien im Blut abhängig zu sein. Sterben diese ab, werden Entzündungsreaktionen ausgelöst, unter Umständen kann es auch zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen.

Folgende weitere Nebenwirkungen wurden bei der oralen Therapie mit Ivermectin beobachtet:

  • Vorübergehende Hypereosinophilie
  • Leberfunktionsstörungen einschließlich akuter Hepatitis, Hyperbilirubinämie und Hämaturie
  • Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
  • Asthenie, Schwindel, Somnolenz, Vertigo, Tremor
  • Sehr selten schwere Hautreaktionen wie Stevens-Johnson-Syndrom

Bei der kutanen Anwendung von Ivermectin kommt es häufig zu einem brennenden Gefühl auf der Haut, sowie gelegentlich zu Hautreizungen, Pruritus und trockener Haut. Diese Nebenwirkungen sind meist leicht bis mäßig und lassen im Verlauf der Behandlung nach.

Wechselwirkungen

Es wurden keine Studien zu den Wechselwirkungen von Ivermectin durchgeführt. Da der Wirkstoff primär über CYP3A4 biotransformiert wird, ist Vorsicht bei der gleichzeitigen Anwendung von CYP3A4-Inhibitoren geboten.

Kontraindikation

Die Anwendung von Ivermectin-haltigen Arzneimitteln ist bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff kontraindiziert.

Schwangerschaft/Stillzeit

Schwangerschaft

Es liegen nur begrenzte Daten zur Anwendung von Ivermectin in der Schwangerschaft vor. Bisher lassen sich keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für kogenitale Anomalien, spontane Aborte, Totgeburten oder Säuglingssterblichkeit feststellen. Im Tierversuch zeigten sich allerdings teratogene Effekte. Ivermectin sollte daher in der Schwangerschaft systemisch nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden, die topische Anwendung wird nicht empfohlen.

Stillzeit

Nach oraler Applikation geht Ivermectin zu mindestens 2% in die Muttermilch über. Zum Übergang in die Muttermilch nach kutaner Anwendung liegen keine Untersuchungen vor. Da ein Risiko für das Kind nicht auszuschließen ist, sollte die Anwendung von Ivermectin in der Stillzeit nur nach strenger Nutzen-Risiko-Bewertung erfolgen. Es ist zu entscheiden, ob eine Stillpause eingelegt wird.

Verkehrstüchtigkeit

Die topische Anwendung von Ivermectin hat keinen Einfluss auf Verkehrstüchtigkeit oder das Bedienen von Maschinen. Bei systemischer Gabe sollte bedacht werden, dass es unter Umständen zu Beeinträchtigungen durch Nebenwirkung wie Schwindel, Somnolenz, Vertigo und Tremor kommen kann.

Anwendungshinweise

Ivermectin ist hochtoxisch für viele Wirbellose, daher stellt der Wirkstoff ein Risiko für Wasser, Sediment und Boden dar. Die Arzneimittel sind daher entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen, um eine Umweltbelastung zu vermeiden.

Hinweise für Skabies-Patienten

Skabies-Patienten sind darauf hinzuweisen, dass enge Kontaktpersonen sobald wie möglich untersucht werden und gegebenenfalls sofort eine entsprechende Therapie erhalten sollten. Weiterhin sind geeignete Hygienemaßnahmen zu ergreifen, wie die Fingernägel kurz und sauber zu halten sowie Kleidung und Bettwäsche speziell zu reinigen.

Hinweise für Rosazea-Patienten

Das Auftragen der Creme sollte nur auf das Gesicht erfolgen. Dabei wird eine erbsengroße Menge in dünner Schicht jeweils auf Stirn, Kinn, Nase und Wangen aufgetragen. Augen, Lippen und Schleimhäute sollen dabei ausgespart werden. Nachdem die Creme getrocknet ist, können auch Kosmetika darüber aufgetragen werden.
Bei der Anwendung von Ivermectin-haltigen Cremes bei Rosazea ist eine vorübergehende Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, die sich aber innerhalb einer Woche unter Fortführen der Behandlung normalisieren sollte. Grund dafür kann eine immunologische Reaktion auf abgestorbenen Demodex-Milben sein. Bei schwerwiegender Verschlechterung mit dermaler Reaktion ist allerdings ein Therapieabbruch indiziert.

Alternativen

  • Zur Behandlung intestinalen Wurmbefalls stehen die Anthelminthika Niclosamid, Pyrantel und Pyrvinium zur Verfügung.
  • Eine Alternative bei der Therapie der lymphatischen Filariose stellen Albendazol sowie das nur in den USA zugelassene Diethylcarbamazin dar.
  • Skabies kann neben der systemischen Therapie mit Ivermectin auch topisch behandelt werden. Zu den angewendeten Wirkstoffen zählen Permethrin, Benzylbenzoat und Cotamiton.
  • Die topische Therapie von schwerer Rosazea kann auch mit Tetracyclinen erfolgen.

Autor:

Janina Seiffert (Apothekerin)

Stand:

25.11.2020

Quelle:

  1. Geisslinger, Menzel, Gundermann, Hinz, Ruth (2020) Mutschler Arzneimittelwirkungen, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  2. Galderma Laboratorium GmbH. Fachinformation: Soolantra 10 mg/g Creme (06/2020)
  3. InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH. Fachinformation: Scabioral® 3 mg Tabletten (03/2019)
  4. Pädia GmbH. Fachinformation: Driponin 3 mg Tabletten (09/2018)
  5. AWMF: S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies – Kurzfassung (01/2016)
  6. DocCheck Flexikon. Mikrofilarie (08/2020)
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