EuGH, Urteil v. 30.09.2003 - C-224/01 (2024)

EuGHUrteil v. - C-224/01

Gründe

1 Mit Beschluss vom , bei der Kanzlei desGerichtshofes eingegangen am , hat das Landesgericht fürZivilrechtssachen Wien gemäß Artikel 234 EG fünf Fragen nachder Auslegung von Artikel 48 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39EG) und der sich u. a. aus den Urteilen vom in denRechtssachen C-46/93 und C-48/93 (Brasserie du pêcheur und Factortame,Slg. 1996, I-1029) und vom in der Rechtssache C-54/96(Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961) ergebenden Rechtsprechung des Gerichtshofeszur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen einerSchadensersatzklage, die Gerhard Köbler (im Folgenden: Kläger) gegendie Republik Österreich wegen Verstoßes gegen einegemeinschaftsrechtliche Vorschrift durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs- des obersten Verwaltungsgerichts - erhoben hat.

Rechtlicher Rahmen

3 § 48 Absatz 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (BGBl 1956/54)in der Fassung von 1997 (BGBl I 1997/109, im Folgenden:GG) sieht vor:

Soweit es zur Gewinnung einesWissenschaftlers oder Künstlers aus dem In- oder Ausland notwendig ist,kann der Bundespräsident bei der Ernennung zum Universitätsprofessor(§ 21 des Bundesgesetzes über die Organisation derUniversitäten, BGBl. Nr. 805/1993 - UOG 1993) oder zum OrdentlichenUniversitäts(Hochschul)professor ein höheres als das nach § 48Abs. 2 gebührende Gehalt gewähren."

4§ 50a Absatz 1 GGbestimmt:

Einem Universitätsprofessor(§ 21 UOG 1993) und einem OrdentlichenUniversitäts-(Hochschul)professor, der eine fünfzehnjährigeDienstzeit in dieser Verwendungsgruppe im Dienststand an österreichischenUniversitäten (Hochschulen) aufweist und vier Jahre im Dienststand imBezug der Dienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4 gestanden ist,gebührt ab dem Zusammentreffen beider Voraussetzungen eineruhegenussfähige besondere Dienstalterszulage in der Höhe derDienstalterszulage gemäß § 50 Abs. 4."

Das Ausgangsverfahren

5 Der Kläger steht seit dem alsordentlicher Universitätsprofessor in Innsbruck (Österreich) in einemöffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum österreichischenStaat. Bei seiner Ernennung wurden ihm die Bezüge eines ordentlichenUniversitätsprofessors der Gehaltsstufe 10 zuzüglich der normalenDienstalterszulage eingeräumt.

6 Mit Schreiben vom beantragte er dieZuerkennung der besonderen Dienstalterszulage fürUniversitätsprofessoren nach§ 50a GG. Ermachte geltend, dass er zwar keine fünfzehnjährige Dienstzeit alsProfessor an österreichischen Universitäten, sehr wohl aber eineentsprechende Dienstzeit unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit anUniversitäten in anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft aufzuweisenhabe. Das Erfordernis der fünfzehnjährigen Dienstzeitausschließlich an österreichischen Universitäten - ohneBerücksichtigung der Dienstzeit an Universitäten andererMitgliedstaaten - stelle nach dem Beitritt Österreichs zur Gemeinschafteine gemeinschaftsrechtlich nicht gerechtfertigte mittelbare Diskriminierungdar.

7 Im Rechtsstreit, zu dem dieses Begehren des Klägersführte, richtete der österreichische Verwaltungsgerichtshof mitBeschluss vom ein Vorabentscheidungsersuchen an denGerichtshof, das unter der Nummer C-382/97 in das Register der Kanzlei desGerichtshofes eingetragen wurde.

8 Mit Schreiben vom ersuchte der Kanzlerdes Gerichtshofes den Verwaltungsgerichtshof um Mitteilung, ob es im Hinblickauf das Urteil Schöning-Kougebetopoulou vom (C-15/96, Slg.1998, I-47) noch für notwendig erachtet werde, dasVorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten.

9 Mit Beschluss vom forderte derVerwaltungsgerichtshof die Parteien des bei ihm anhängigen Rechtsstreitsauf, sich zum Ersuchen des Gerichtshofes zu äußern, und führteaus, dass er vorläufig davon ausgehe, dass die den Gegenstand desfraglichen Vorabentscheidungsverfahrens bildende Rechtsfrage zugunsten desKlägers gelöst worden sei.

10 Mit Beschluss vom nahm derVerwaltungsgerichtshof sein Vorabentscheidungsersuchen zurück und wies mitUrteil vom selben Tag die Beschwerde des Klägers mit der Begründungab, die besondere Dienstalterszulage stelle eine Treueprämie dar, die eineAbweichung von den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über dieFreizügigkeit der Arbeitnehmer sachlich rechtfertige.

11 In diesem Urteil vom heißt es u.a.:

... Der Verwaltungsgerichtshof istin seinem Beschluss vom , mit dem dasVorabentscheidungsersuchen gestellt wurde, davon ausgegangen, dass der,besonderen Dienstalterszulage für ordentlicheUniversitätsprofessoren weder der Charakter einer Treueprämie nocheiner Belohnung zukommt, sondern dass es sich um einen Bezugsbestandteil imRahmen des Vorrückungssystems handelt.

Diese im Verhältnis zu denParteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht verbindlichgeäußerte Rechtsauffassung wird nicht aufrechterhalten.

...

Daraus ist ersichtlich, dass diebesondere Dienstalterszulage gemäߧ 50a GG 1956nicht von der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorzunehmenden,Marktwertbildung erfasst ist, sondern ihr Ziel darin zu sehen ist,Wissenschaftlern, die sich auf einem sehr mobilen Arbeitsmarkt bewegen, einenpositiven Anreiz zu einem Karriereverlauf an österreichischenUniversitäten zu bieten. Sie kann daher nicht Bestandteil der regelhaftenBesoldung sein und sieht wegen ihrer Widmung als Treueprämie alsAnspruchsvoraussetzung eine bestimmte Dauer der Dienstleistung als ordentlicherUniversitätsprofessor an österreichischen Universitäten vor.Dieser Bedeutung steht die Konstruktion der besonderen Dienstalterszulage alsBestandteil des Monatsbezuges und der damit verbundene Dauercharakter dieserTreueprämie nicht entscheidend entgegen.

Da in Österreich - soweit demim Beschwerdefall Bedeutung zukommt - ausschließlich der Bund alsRechtsträger von Universitäten auftritt, gilt die Regelung des§ 50a GG 1956 -im Gegensatz zur Situation, die dem [Schöning-Kougebetopoulou] in Deutschland zugrunde lag - nur füreinen Arbeitgeber. Die vom Beschwerdeführer geforderteBerücksichtigung der Einrechnung von Vordienstzeiten erfolgt im Rahmen des,Marktwertes bei den Berufungsverhandlungen. Die - weitere -Berücksichtigung solcher Vordienstzeiten für die besondereDienstalterszulage ist auch bei österreichischen Wissenschaftlern, dienach einer Tätigkeit im Ausland wieder in Österreich lehren, nichtvorgesehen und wäre dem vom EuGH als Rechtfertigung einer an sich gegendas Diskriminierungsverbot verstoßenden Regelung entsprechenden Gedankender Honorierung der langjährigen Treue zu einem Dienstgeberwidersprechend.

Da es sich bei dem in Fragestehenden vermeintlichen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine besondereDienstalterszulage nach§ 50a GG 1956 umeine gesetzlich vorgesehene Treueprämie handelt und eine solche Regelungaus den dargelegten Gründen vom EuGH als Rechtfertigung einer in einemgewissen Spannungsverhältnis zum Diskriminierungsverbot stehenden Regelunganerkannt wird, erweist sich die auf die Verletzung diesesDiskriminierungsverbotes aufgebaute Beschwerde als unbegründet; sie wardaher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen..."

12 Der Kläger erhob beim vorlegenden Gericht Klage gegendie Republik Österreich auf Ersatz des ihm durch die Nichtauszahlung einerbesonderen Dienstalterszulage entstandenen Schadens. Er trug vor, das Urteildes Verwaltungsgerichtshofs vom widerspreche den unmittelbaranwendbaren Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, wie sie der Gerichtshof inden Urteilen ausgelegt habe, in denen er festgestellt habe, dass eine besondereDienstalterszulage keine Treueprämie darstelle.

13 Die Republik Österreich führte aus, dass dasUrteil des Verwaltungsgerichtshofs vom dem unmittelbaranwendbaren Gemeinschaftsrecht nicht widerspreche. Außerdem könneaus einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts keinStaatshaftungsanspruch abgeleitet werden.

Die Vorlagefragen

14 Da das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien derAnsicht ist, dass die Auslegung des Gemeinschaftsrechts in der bei ihmanhängigen Rechtssache ungewiss, für den Erlass seiner Entscheidungaber erforderlich sei, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und demGerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist die Rechtsprechung desEuropäischen Gerichtshofes, wonach es für die Auslösung derStaatshaftung wegen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrechtgleichgültig ist, welches Organ eines Mitgliedstaats diese Verletzung zuvertreten hat (z. B. Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame), auchauf jenen Fall anzuwenden, wenn es sich bei dem angeblichgemeinschaftsrechtswidrigen Organverhalten um ein Erkenntnis einesHoechstgerichts eines Mitgliedstaats handelt, wie im vorliegenden Fall um denVerwaltungsgerichtshof?

2. Falls die Frage 1 bejahtwird:

Ist die Rechtsprechung desGerichtshofes, wonach es Sache der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats ist, zubestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeitenzuständig ist, in denen es um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrechtberuhende Rechte geht (z. B. Urteil Dorsch Consult), auch auf jenen Fallanzuwenden, wenn es sich bei dem angeblich gemeinschaftsrechtswidrigenOrganverhalten um das Urteil eines Hoechstgerichts eines Mitgliedstaatshandelt, wie im vorliegenden Fall um den Verwaltungsgerichtshof?

3. Falls die Frage 2 bejahtwird:

Widerspricht die im obendargestellten Urteil des Verwaltungsgerichtshofs geäußerteRechtsmeinung, wonach es sich bei der besonderen Dienstalterszulage um eine ArtTreueprämie handele, einer Norm des unmittelbar anwendbarenGemeinschaftsrechts, insbesondere dem mittelbaren Diskriminierungsverbot desArtikels 48 EG-Vertrag und der dazu ergangenen einschlägigen undgefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofes?

4. Falls die Frage 3 bejahtwird:

Handelt es sich bei dieserverletzten Norm des unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts um eine solche,die für die im Ausgangsverfahren klagende Partei ein subjektives Rechtbegründet?

5. Falls die Frage 4 bejahtwird:

Verfügt der EuropäischeGerichtshof aufgrund des Inhalts des Vorabentscheidungsersuchens über alleInformationen, um selbst beurteilen zu können, ob derVerwaltungsgerichtshof im geschilderten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens denihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum offenkundig und erheblichüberschritten hat, oder überlässt er die Beantwortung dieserFrage dem vorlegenden österreichischen Gericht?

Zur ersten und zur zweitenFrage

15 Mit den ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfensind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Grundsatz, dass dieMitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden, die einem Einzelnen durch ihnenzuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen,verpflichtet sind, auch dann anwendbar ist, wenn der gerügte Verstoßaus einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts folgt, und ob esgegebenenfalls Sache der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, zubestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeitenüber diesen Schadensersatz zuständig ist.

Beim Gerichtshof eingereichteErklärungen

16 Der Kläger, die deutsche und die niederländischeRegierung sowie die Kommission sind der Auffassung, dass ein einem Gerichtzuzurechnender Fehler die Haftung eines Mitgliedstaats wegen einesVerstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht auslösen kann. Nach Ansichtbeider Regierungen und der Kommission ist diese Haftung jedoch zu begrenzen undverschiedenen einschränkenden Voraussetzungen zu unterwerfen, die zu denim Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame bereits aufgestelltenhinzukämen.

17 Hierzu machen die deutsche und die niederländischeRegierung geltend, dass ein hinreichend qualifizierter Verstoß" im Sinnedieses Urteils nur dann vorliege, wenn eine gerichtliche Entscheidung inbesonderer Weise erheblich und offensichtlich gegen das geltendeGemeinschaftsrecht verstoße. In besonderer Weise erheblich undoffensichtlich ist ein Rechtsverstoß eines Gerichts nach Ansicht derdeutschen Regierung nur dann, wenn die Auslegung oder die Nichtanwendung desGemeinschaftsrechts zum einen objektiv unvertretbar erscheine und zum anderensubjektiv als vorsätzlicher Verstoß anzusehen sei. Dieserestriktiven Maßstäbe seien zum Schutz des Grundsatzes derRechtskraft wie auch der richterlichen Unabhängigkeit geboten.Darüber hinaus entspreche eine Beschränkung der Staatshaftungfür fehlerhafte Gerichtsentscheidungen einem allgemeinen, denRechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Rechtsgrundsatz im Sinne desArtikels 288 EG.

18 Die deutsche und die niederländische Regierung nehmenan, die Haftung des Mitgliedstaats müsse auf gerichtliche Entscheidungenbeschränkt bleiben, gegen die es kein Rechtsmittel gebe, insbesondere weilArtikel 234 EG eine Vorlagepflicht nur für die Gerichte vorsehe, diesolche Entscheidungen erließen. Die niederländische Regierung istder Ansicht, dass die Staatshaftung auf Fälle eines offenkundigen undschwerwiegenden Verstoßes gegen diese Vorlagepflicht beschränktwerden müsse.

19 Die Kommission macht geltend, dass eine Beschränkungder Staatshaftung für gerichtliche Entscheidungen in allen Mitgliedstaatenbestehe und dass diese notwendig sei, um die Rechtskraft von Endentscheidungenund damit den Rechtsfrieden zu gewährleisten. Sie befürwortet daher,einen hinreichend qualifizierten Verstoß" gegen Gemeinschaftsrecht nurdann anzunehmen, wenn das nationale Gericht seine Befugnisse ganz offenkundigüberschreite oder das Gemeinschaftsrecht in seiner Bedeutung und Tragweiteganz offenkundig verkenne. Im vorliegenden Fall sei der geltend gemachteRechtsirrtum des Verwaltungsgerichtshofs entschuldbar, und dieseEntschuldbarkeit sei eines der Kriterien dafür, keine hinreichendqualifizierte Rechtsverletzung anzunehmen (vgl. Urteil vom in derRechtssache C-424/97, Haim, Slg. 2000, I-5123, Randnr. 43).

20 Die Republik Österreich und die österreichischeRegierung (im Folgenden einheitlich: Republik Österreich) sowie diefranzösische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichstragen vor, dass ein Mitgliedstaat nicht für den Verstoß einesGerichts gegen Gemeinschaftsrecht hafte. Sie stützen diese Ansicht auf dieRechtskraft von Entscheidungen, den Grundsatz der Rechtssicherheit, dierichterliche Unabhängigkeit, die Stellung der Judikative in derGemeinschaftsrechtsordnung sowie den Vergleich mit den Verfahren vor demGerichtshof zur Begründung der Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 288EG.

21 Die Republik Österreich macht insbesondere geltend,dass die erneute Überprüfung der Rechtsmeinung einesletztinstanzlichen Gerichts mit der Funktion dieses Gerichts unvereinbar sei,da dessen Entscheidungen den Streitfall endgültig bereinigen sollten. Dasich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom ausführlich mit dem Gemeinschaftsrecht auseinandergesetzt habe, stehe derAusschluss einer weiteren Klagemöglichkeit vor einem österreichischenGericht in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht. Darüber hinausdürften die Voraussetzungen für die Haftung eines Mitgliedstaatsnicht von denjenigen abweichen, die für die Haftung der Gemeinschaft untervergleichbaren Umständen gälten. Da Artikel 288 Absatz 2 EG nicht aufeinen Verstoß des Gerichtshofes gegen Gemeinschaftsrecht Anwendung findenkönne, da dieser in einem solchen Fall zur Entscheidung überSchäden, die er selbst verursacht hätte, berufen wäre und damitgleichzeitig als Richter und als Partei aufträte, könntenMitgliedstaaten auch nicht für Schäden haften, die einletztinstanzliches Gericht verursacht habe.

22 Überdies bezwecke Artikel 234 EG nicht, dem EinzelnenRechte zu verleihen. Denn im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vor demGerichtshof könnten die Parteien des Ausgangsverfahrens die Vorlagefragenweder ändern noch für gegenstandslos erklären lassen (vgl.Urteil vom in der Rechtssache 44/65, Singer, Slg. 1965, 1268).Ferner könne nur der Verstoß gegen eine Bestimmung, die demEinzelnen Rechte verleihe, gegebenenfalls zu einer Haftung des Mitgliedstaatsführen. Ein Verstoß gegen Artikel 234 EG durch einletztinstanzliches Gericht könne sie daher nicht begründen.

23 Die französische Regierung führt aus, dass dieAnerkennung eines Ersatzanspruchs wegen angeblich fehlerhafter Anwendung desGemeinschaftsrechts in einer rechtskräftigen Entscheidung eines nationalenGerichts dem Grundsatz der Rechtskraft widerspreche, wie ihn der Gerichtshof inseinem Urteil vom in der Rechtssache C-126/97 (Eco Swiss, Slg.1999, I-3055) anerkannt habe. Insbesondere sei der Grundsatz derUnantastbarkeit der Rechtskraft in den auf den Vorrang der Gesetze und dieEinhaltung gerichtlicher Entscheidungen gestützten Rechtssystemen vongrundlegender Bedeutung. Dieser Gesetzesvorrang und die Einhaltunggerichtlicher Entscheidungen würden jedoch durch die Anerkennung derStaatshaftung für Verstöße eines Gerichts gegenGemeinschaftsrecht in Frage gestellt.

24 Die Regierung des Vereinigten Königreichs trägtvor, dass eine Haftungsklage gegen die Krone wegen gerichtlicher Entscheidungengrundsätzlich nicht möglich sei, abgesehen von Ausnahmen u. a. beieinem Verstoß gegen ein durch die am in Romunterzeichnete Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte undGrundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) geschütztes Grundrecht. Der demPrinzip der Staatshaftung zugrunde liegende Grundsatz des wirksamen Schutzesder Rechte, die das Gemeinschaftsrecht verleihe, gelte nichtuneingeschränkt; das zeigten die Ausschlussfristen. Dieser Grundsatzkönne somit nur in seltenen Fällen und nur im Hinblick auf bestimmte,genau definierte Entscheidungen nationaler Gerichte eine Schadensersatzklagegegen den Staat begründen. Deshalb sei der Gewinn, der sich aus derAnerkennung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer fehlerhaftenGerichtsentscheidung ziehen lasse, gering. Dieser Gewinn müsse gegenbestimmte überragende Belange abgewogen werden.

25 Zu nennen seien, erstens, die Grundsätze derRechtssicherheit und der Rechtskraft. Das Gesetz verhindere, dass wegenderselben Streitfragen - außer im Wege eines Rechtsmittels - noch einmalprozessiert werde. Dies geschehe zum Schutz der Interessen der obsiegendenPartei und diene dem allgemeinen Interesse an Rechtssicherheit. Der Gerichtshofhabe sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, den Grundsatz eineswirksamen Rechtsschutzes zugunsten der grundlegende[n] Prinzipien desnationalen Rechtssystems, wie [desjenigen] der Rechtssicherheit und[desjenigen] daraus abgeleitete[n] Prinzip[s] der Beachtung der Rechtskraft",zu beschränken (Urteil Eco Swiss, Randnrn. 43 bis 48). Die Anerkennung derStaatshaftung für judikatives Unrecht würde zu einem rechtlichenDurcheinander führen und die Prozessparteien in Unsicherheitbezüglich ihrer Rechtsposition lassen.

26 Die Autorität und das Ansehen der Justiz würden,zweitens, geschmälert, wenn ein Justizirrtum zu einemSchadensersatzanspruch führen könnte. Die Unabhängigkeit derJustiz stelle, drittens, einen elementaren Grundsatz der Verfassungsordnungaller Mitgliedstaaten dar, der aber niemals als selbstverständlichbetrachtet werden könne. Die Anerkennung einer Haftung des Staatesfür Rechtsprechungsakte könnte diese Unabhängigkeit in Fragestellen.

27 Kehrseite der den innerstaatlichen Gerichteneingeräumten Befugnis, gemeinschaftsrechtliche Sachverhalte selbst zuentscheiden, sei, viertens, dass gelegentliche Fehlentscheidungen nationalerGerichte, gegen die es kein Rechtsmittel gebe und die nicht auf andere Weisekorrigiert werden könnten, hingenommen werden müssten. DieserNachteil sei aber immer als hinnehmbar erachtet worden. Würde dieStaatshaftung durch einen Fehler der Justiz ausgelöst und müsste sichder Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dazuäußern, so müsste er sich nicht nur zur Richtigkeit vonEntscheidungen nationaler oberster Gerichte, sondern auch zur Schwere undEntschuldbarkeit eines diesen Gerichten unterlaufenen Fehlersäußern. Das hätte für die außerordentlichbedeutungsvollen Beziehungen zwischen dem Gerichtshof und den nationalenGerichten offenkundig negative Folgen.

28 Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht,fünftens, geltend, dass es schwierig sein könnte, ein für dieEntscheidung über solche Staatshaftungsfälle zuständiges Gerichtzu bestimmen. Das gelte insbesondere im Vereinigten Königreich wegen deseinheitlichen Gerichtssystems und der strikten Anwendung derStare-decisis-Doktrin. Wenn die Staatshaftung durch eine Fehlentscheidung derJudikative ausgelöst werden könne, müsste zudem, sechstens, dieHaftung der Gemeinschaft für Fehler der Gemeinschaftsgerichte in gleicherWeise und unter denselben Voraussetzungen begründet werden.

29 Spezifisch zur zweiten Vorlagefrage tragen der Klägersowie die österreichische und die deutsche Regierung vor, dass es Sacheder Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats sei, zu bestimmen, welches Gerichtfür die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig sei, in denenes um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhende Rechte gehe. DieseFrage sei daher zu bejahen.

Antwort des Gerichtshofes

Zum Grundsatz derStaatshaftung

30 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereitsentschieden hat, dass der Grundsatz der Haftung eines Mitgliedstaats fürSchäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnendeVerstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, aus dem Wesen desEG-Vertrags folgt (Urteile vom in den Rechtssachen C-6/90 undC-9/90, Francovich u. a., Slg. 1991, I-5357, Randnr. 35, Brasserie dupêcheur und Factortame, Randnr. 31, vom in derRechtssache C-392/93, British Telecommunications, Slg. 1996, I-1631, Randnr.38, vom in der Rechtssache C-5/94, Hedley Lomas, Slg. 1996,I-2553, Randnr. 24, vom in den Rechtssachen C-178/94, C-179/94und C-188/94 bis C-190/94, Dillenkofer u. a., Slg. 1996, I-4845, Randnr. 20,vom in der Rechtssache C-127/95, Norbrook Laboratories, Slg.1998, I-1531, Randnr. 106, und Haim, Randnr. 26).

31 Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass dieserGrundsatz für jeden Verstoß eines Mitgliedstaats gegen dasGemeinschaftsrecht unabhängig davon gilt, welches mitgliedstaatliche Organdurch sein Handeln oder Unterlassen den Verstoß begangen hat (UrteileBrasserie du pêcheur und Factortame, Randnr. 32, vom in derRechtssache C-302/97, Konle, Slg. 1999, I-3099, Randnr. 62, und Haim, Randnr.27).

32 Im Völkerrecht wird der Staat, dessen Haftung wegenVerstoßes gegen eine völkerrechtliche Verpflichtung ausgelöstwird, als Einheit betrachtet, ohne dass danach unterschieden würde, ob derschadensverursachende Verstoß der Legislative, der Judikative oder derExekutive zuzurechnen ist. Dasselbe muss erst recht in derGemeinschaftsrechtsordnung gelten, da alle staatlichen Instanzeneinschließlich der Legislative bei der Erfuellung ihrer Aufgaben die vomGemeinschaftsrecht vorgeschriebenen Normen, die die Situation des Einzelnenunmittelbar regeln, zu beachten haben (Urteil Brasserie du pêcheur undFactortame, Randnr. 34).

33 In Anbetracht der entscheidenden Rolle, die die Judikativebeim Schutz der dem Einzelnen aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungenzustehenden Rechte spielt, wäre die volle Wirksamkeit dieser Bestimmungenbeeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechtegemindert, wenn der Einzelne unter bestimmten Voraussetzungen dann keineEntschädigung erlangen könnte, wenn seine Rechte durch einenVerstoß gegen das Gemeinschaftsrecht verletzt werden, der einerEntscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts eines Mitgliedstaats zuzurechnenist.

34 Hierbei ist von Belang, dass ein letztinstanzliches Gerichtdefinitionsgemäß die letzte Instanz ist, vor der der Einzelne dieihm aufgrund des Gemeinschaftsrechts zustehenden Rechte geltend machen kann. Daeine durch eine rechtskräftige Entscheidung eines solchen Gerichtserfolgte Verletzung dieser Rechte regelmäßig nichtrückgängig gemacht werden kann, darf dem Einzelnen nicht die Befugnisgenommen werden, den Staat haftbar zu machen, um auf diesem Wege dengerichtlichen Schutz seiner Rechte zu erlangen.

35 Im Übrigen ist ein Gericht, dessen Entscheidungenselbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochtenwerden können, insbesondere deshalb nach Artikel 234 EG zur Anrufung desGerichtshofes verpflichtet, um zu verhindern, dass dem Einzelnen durch dasGemeinschaftsrecht verliehene Rechte verletzt werden.

36 Demnach verlangt der Schutz der Rechte des Einzelnen, dersich auf das Gemeinschaftsrecht beruft, zwingend, dass diesem das Rechtzustehen muss, vor einem nationalen Gericht den Ersatz des Schadens zuverlangen, der auf die Verletzung seiner Rechte durch eine Entscheidung einesletztinstanzlichen Gerichts zurückzuführen ist (vgl. in diesem SinneUrteil Brasserie du pêcheur und Factortame, Randnr. 35).

37 Einige Regierungen, die im Rahmen des vorliegendenVerfahrens Erklärungen eingereicht haben, haben geltend gemacht, dass derGrundsatz der Haftung des Staates für Schäden, die dem Einzelnendurch Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, nicht aufEntscheidungen eines nationalen letztinstanzlichen Gerichts Anwendung findenkönne. Sie haben sich u. a. auf den Grundsatz der Rechtssicherheit,insbesondere die Rechtskraft, auf die richterliche Unabhängigkeit undAutorität sowie auf das Fehlen eines für die Entscheidung überRechtsstreitigkeiten über die Staatshaftung aufgrund solcherEntscheidungen zuständigen Gerichts berufen.

38 Hierzu ist festzustellen, dass die Bedeutung des Grundsatzesder Rechtskraft nicht zu bestreiten ist (Urteil Eco Swiss, Randnr. 46). ZurGewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicherBeziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege sollen nach Ausschöpfungdes Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristenunanfechtbar gewordene Gerichtsentscheidungen nicht mehr in Frage gestelltwerden können.

39 Die Anerkennung des Grundsatzes der Staatshaftung fürEntscheidungen letztinstanzlicher Gerichte stellt jedoch die Rechtskraft einersolchen Entscheidung nicht in Frage. Ein Verfahren zur Feststellung der Haftungdes Staates hat nicht denselben Gegenstand und nicht zwangsläufigdieselben Parteien wie das Verfahren, das zur rechtskräftigen Entscheidunggeführt hat. Obsiegt nämlich der Kläger mit einer Haftungsklagegegen den Staat, so erlangt er dessen Verurteilung zum Ersatz des entstandenenSchadens, aber nicht zwangsläufig die Aufhebung der Rechtskraft derGerichtsentscheidung, die den Schaden verursacht hat. Jedenfalls verlangt derder Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnende Grundsatz der Staatshaftung einesolche Entschädigung, nicht aber die Abänderung derschadensbegründenden Gerichtsentscheidung.

40 Der Grundsatz der Rechtskraft steht demnach der Anerkennungder Haftung des Staates für letztinstanzliche Gerichtsentscheidungen nichtentgegen.

41 Auch dem Vorbringen zur richterlichen Unabhängigkeitund Autorität kann nicht gefolgt werden.

42 Was die richterliche Unabhängigkeit betrifft, so gehtes bei dem genannten Haftungsgrundsatz nicht um die persönliche Haftungdes Richters, sondern um die des Staates. Es ist nicht ersichtlich, dass dieUnabhängigkeit eines letztinstanzlichen Gerichts durch dieMöglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Haftung des Staatesfür gemeinschaftsrechtswidrige Gerichtsentscheidungen feststellen zulassen, gefährdet würde.

43 Zum Vorbringen, die Autorität eines letztinstanzlichenGerichts könnte dadurch geschmälert werden, dass seinerechtskräftigen Entscheidungen implizit in einem Verfahren gerügtwerden könnten, das die Feststellung der Haftung des Staates fürdiese Entscheidungen ermöglicht, ist zu bemerken, dass das Bestehen einesRechtswegs, der unter bestimmten Voraussetzungen die Wiedergutmachung dernachteiligen Auswirkungen einer fehlerhaften Gerichtsentscheidungermöglicht, auch als Bekräftigung der Qualität einerRechtsordnung und damit schließlich auch der Autorität derJudikative angesehen werden kann.

44 Mehrere Regierungen haben außerdem vorgetragen, dassdie Schwierigkeit, ein Gericht zu bestimmen, das für Rechtsstreitigkeitenüber den Ersatz von aufgrund von Entscheidungen eines letztinstanzlichenGerichts entstandenen Schäden zuständig sei, ein Hindernis fürdie Anwendung des Grundsatzes der Staatshaftung für solche Entscheidungendarstelle.

45 Da der der Gemeinschaftsrechtsordnung innewohnende Grundsatzder Staatshaftung aus Gründen namentlich des Schutzes der dem Einzelnendurch das Gemeinschaftsrecht eingeräumten Rechte auch fürEntscheidungen eines letztinstanzlichen Gerichts gelten muss, ist es Sache derMitgliedstaaten, es den Betroffenen zu ermöglichen, sich auf diesenGrundsatz zu berufen, indem sie ihnen einen geeigneten Rechtsweg zurVerfügung stellen. Die Durchführung dieses Grundsatzes darf nichtdurch das Fehlen eines zuständigen Gerichts verhindert werden.

46 Nach ständiger Rechtsprechung ist es mangels einergemeinschaftsrechtlichen Regelung Sache der nationalen Rechtsordnung dereinzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und dasVerfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der demEinzelnen aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsenden Rechte gewährleistensollen (vgl. Urteile vom in der Rechtssache 33/76, Rewe, Slg.1976, 1989, Randnr. 5, und in der Rechtssache 45/76, Comet, Slg. 1976, 2043,Randnr. 13, vom in der Rechtssache 68/79, Just, Slg. 1980,501, Randnr. 25, Francovich u. a., Randnr. 42, und vom in derRechtssache C-312/93, Peterbroeck, Slg. 1995, I-4599, Randnr. 12).

47 Unter dem Vorbehalt, dass die Mitgliedstaaten für denwirksamen Schutz der individuellen, aus der Gemeinschaftsrechtsordnunghergeleiteten Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind, ist es nichtAufgabe des Gerichtshofes, bei der Lösung von Zuständigkeitsfragenmitzuwirken, die die Qualifizierung einer bestimmten, auf demGemeinschaftsrecht beruhenden Rechtslage im Bereich der nationalenGerichtsbarkeit aufwirft (Urteile vom in der RechtssacheC-446/93, SEIM, Slg. 1996, I-73, Randnr. 32, und Dorsch Consult, Randnr.40).

48 Hinzu kommt, dass Erwägungen im Zusammenhang mit derAchtung des Grundsatzes der Rechtskraft oder der richterlichenUnabhängigkeit in den nationalen Rechtsordnungen zwar zu - bisweilenerheblichen - Beschränkungen der Befugnis, die Haftung des Staatesfür durch fehlerhafte Gerichtsentscheidungen verursachte Schädenfeststellen zu lassen, geführt haben, dass diese Erwägungen dieseBefugnis aber nicht völlig ausschließen konnten. Die Geltung desGrundsatzes der Staatshaftung für Gerichtsentscheidungen ist nämlich- wie der Generalanwalt in den Nummern 77 bis 82 seiner Schlussanträgeausgeführt hat - in der einen oder anderen Form den meistenMitgliedstaaten bekannt, wenn auch unter engen und verschiedenartigenVoraussetzungen.

49 Weiter kann auch der Europäische Gerichtshof fürMenschenrechte insbesondere nach Artikel 41 EMRK einen Staat, der einGrundrecht verletzt hat, zur Entschädigung der verletzten Parteiverpflichten. Nach der Rechtsprechung dieses Gerichtshofs kann er eine solcheEntschädigung auch zusprechen, wenn die Verletzung auf einer Entscheidungeines nationalen letztinstanzlichen Gerichts beruht (vgl. EGMR, UrteilDulaurans/Frankreich vom , noch nichtveröffentlicht).

50 Nach alledem ist der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zumErsatz von Schäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnenzuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, auchdann anwendbar, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung einesletztinstanzlichen Gerichts besteht. Es ist Sache der Rechtsordnung dereinzelnen Mitgliedstaaten, zu bestimmen, welches Gericht für dieEntscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Schadensersatzzuständig ist.

Zu den Voraussetzungen derStaatshaftung

51 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss einMitgliedstaat Schäden, die einem Einzelnen durch Verstöße gegendas Gemeinschaftsrecht entstanden sind, ersetzen, wenn drei Voraussetzungenerfuellt sind: Die verletzte Rechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zuverleihen, der Verstoß ist hinreichend qualifiziert, und zwischen demVerstoß gegen die dem Staat obliegende Verpflichtung und dem dengeschädigten Personen entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarerKausalzusammenhang (Urteil Haim, Randnr. 36).

52 Das gilt auch für die Haftung des Staates fürSchäden, die durch eine gemeinschaftsrechtswidrige Entscheidung einesnationalen letztinstanzlichen Gerichts verursacht wurden.

53 Was des Näheren die zweite dieser Voraussetzungen undihre Anwendung bei der Prüfung einer Haftung des Staates für eineEntscheidung eines nationalen letztinstanzlichen Gerichts angeht, so sind - wieauch die Mitgliedstaaten vorgetragen haben, die in dieser RechtssacheErklärungen eingereicht haben - die Besonderheit der richterlichenFunktion sowie die berechtigten Belange der Rechtssicherheit zuberücksichtigen. Der Staat haftet für eine solchegemeinschaftsrechtswidrige Entscheidung nur in dem Ausnahmefall, dass dasGericht offenkundig gegen das geltende Recht verstoßen hat.

54 Bei der Entscheidung darüber, ob diese Voraussetzungerfuellt ist, muss das mit einer Schadensersatzklage befasste nationale Gerichtalle Gesichtspunkte des Einzelfalls berücksichtigen.

55 Zu diesen Gesichtspunkten gehören u. a. das Maßan Klarheit und Präzision der verletzten Vorschrift, dieVorsätzlichkeit des Verstoßes, die Entschuldbarkeit desRechtsirrtums, gegebenenfalls die Stellungnahme eines Gemeinschaftsorgans sowiedie Verletzung der Vorlagepflicht nach Artikel 234 Absatz 3 EG durch das inRede stehende Gericht.

56 Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht istjedenfalls dann hinreichend qualifiziert, wenn die fragliche Entscheidung dieeinschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes offenkundig verkennt (vgl.in diesem Sinne Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame, Randnr.57).

57 Die drei in Randnummer 51 des vorliegenden Urteils genanntenVoraussetzungen sind erforderlich und ausreichend, um einenEntschädigungsanspruch des Einzelnen zu begründen, schließenaber nicht aus, dass der Staat nach nationalem Recht unter weniger strengenVoraussetzungen haftet (vgl. Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame,Randnr. 66).

58 Vorbehaltlich des Anspruchs auf Entschädigung, der beiErfuellung dieser Voraussetzungen seine Grundlage unmittelbar imGemeinschaftsrecht hat, hat der Staat die Folgen des verursachten Schadens imRahmen des nationalen Haftungsrechts zu beheben, wobei die im nationalenSchadensersatzrecht festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger seindürfen als bei ähnlichen Rechtsbehelfen, die nur nationales Rechtbetreffen, und nicht so ausgestaltet sein dürfen, dass sie die Erlangungder Entschädigung praktisch unmöglich machen oderübermäßig erschweren (Urteile Francovich u. a., Randnrn. 41 bis43, und Norbrook Laboratories, Randnr. 111).

59 Nach alledem sind die ersten beiden Fragen dahin zubeantworten, dass der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz vonSchäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnendeVerstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstehen, auch dann anwendbarist, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung einesletztinstanzlichen Gerichts besteht, sofern die verletzteGemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, derVerstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoßund dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhangbesteht. Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichendqualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht, wenn sich derVerstoß aus einer letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung ergibt, unterBerücksichtigung der Besonderheit der richterlichen Funktion prüfen,ob dieser Verstoß offenkundig ist. Es ist Sache der Rechtsordnung dereinzelnen Mitgliedstaaten, zu bestimmen, welches Gericht für dieEntscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Schadensersatzzuständig ist.

Zur dritten Frage

60 Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nachständiger Rechtsprechung im Rahmen der Anwendung des Artikels 234 EG nichtbefugt ist, über die Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Rechtsvorschriftmit dem Gemeinschaftsrecht zu entscheiden. Er kann aber aus den Fragen desvorlegenden Gerichts unter Berücksichtigung des von diesem mitgeteiltenSachverhalts das herausschälen, was die Auslegung des Gemeinschaftsrechtsbetrifft, um diesem Gericht die Lösung der ihm vorliegenden Rechtsfrage zuermöglichen (vgl. u. a. Urteil vom in den RechtssachenC-332/92, C-333/92 und C-335/92, Eurico Italia u. a., Slg. 1994, I-711, Randnr.19).

61 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gerichtwissen, ob die Artikel 48 EG-Vertrag und 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr.1612/68 des Rates vom über die Freizügigkeit derArbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2) dahin auszulegensind, dass sie es untersagen, eine besondere Dienstalterszulage, die nach dervom Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom vertretenenAuslegung eine Treueprämie darstellt, nach Maßgabe einer Bestimmungwie der des§ 50a GG zugewähren.

Beim Gerichtshof eingereichteErklärungen

62 Der Kläger macht zunächst geltend, dass diebesondere Dienstalterszulage nach§ 50a GG keineTreueprämie, sondern einen gewöhnlichen Gehaltsbestandteil darstelle,wie der Verwaltungsgerichtshof ursprünglich auch festgestellt habe.Außerdem sei bis zum Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom kein österreichisches Gericht davon ausgegangen, dass es sich bei dieserZulage um eine Treueprämie handele.

63 Selbst wenn diese Zulage jedoch eine Treueprämie seiund eine solche Prämie eine mittelbare Diskriminierung rechtfertigenkönnte, gebe es keine einheitliche und gesicherte Rechtsprechung desGerichtshofes zu diesem Thema. Folglich habe der Verwaltungsgerichtshofdadurch, dass er sein Vorabentscheidungsersuchen zurückgezogen und seineEntscheidung autonom gefällt habe, seine Kompetenzen überschritten,weil die Auslegung und Definition gemeinschaftsrechtlicher Begriffe in dieausschließliche Kompetenz des Gerichthofes fielen.

64 Schließlich sei eine Rechtfertigung der ihmgegenüber ausgeübten mittelbaren Diskriminierung in Anbetracht derVoraussetzungen für die Gewährung der besonderen Dienstalterszulageausgeschlossen. Diese stehe dem Antragsteller unabhängig davon zu, anwelcher österreichischen Universität er beschäftigt gewesen sei,und verlange nicht einmal, dass er während der fünfzehnjährigenBeschäftigungsdauer durchgehend innerhalb ein und derselben Fachrichtungtätig gewesen sei.

65 Da der Gerichtshof das innerstaatliche Recht nicht auslegenkönne, ist die dritte Vorlagefrage nach Ansicht der RepublikÖsterreich dahin zu verstehen, dass das vorlegende Gericht die Auslegungvon Artikel 48 EG-Vertrag begehre. Diese Vorschrift stehe einemBesoldungssystem, das die Berücksichtigung von bei anderen in- oderausländischen Dienstgebern erworbenen Qualifikationen im Wege derEinstufung von Stellenbewerbern ermögliche und das daneben eine alsTreueprämie zu qualifizierende Zulage vorsehe, deren Bezug an einebestimmte Dienstzeit beim selben Dienstgeber geknüpft sei, nichtentgegen.

66 Da der Kläger als ordentlicherUniversitätsprofessor in einem öffentlich-rechtlichenDienstverhältnis stehe, sei sein Dienstherr der österreichischeStaat. Folglich bleibe der Dienstherr der gleiche, wenn der Professor von einerösterreichischen Universität an eine andere wechsle. InÖsterreich gebe es auch Privatuniversitäten. Die dort lehrendenProfessoren seien Arbeitnehmer dieser Einrichtungen und nicht des Staates, sodass ihre Arbeitsbeziehungen nicht den Bestimmungen desGG unterlägen.

67 Die Kommission macht geltend, dass§ 50a GG unterVerstoß gegen Artikel 48 EG-Vertrag zwischen an österreichischenUniversitäten und an Universitäten anderer Mitgliedstaaten abgelegtenDienstzeiten diskriminiere.

68 Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Endurteil dieTragweite des Urteils Schöning-Kougebetopoulou verkannt. Angesichts neueroffener Auslegungsfragen aus der Sicht des nationalen Rechts hätte er dasVorabentscheidungsersuchen in abgeänderter Form fortführenmüssen. Der Gerichtshof habe niemals ausdrücklich festgestellt, dasseine Treueprämie als Rechtfertigungsgrund für eine Arbeitnehmer ausanderen Mitgliedstaaten diskriminierende Norm dienen könne.

69 Darüber hinaus könne die im Ausgangsfall in Redestehende besondere Dienstalterszulage, selbst wenn sie als Treueprämieanzusehen wäre, eine Beeinträchtigung derArbeitnehmerfreizügigkeit nicht rechtfertigen. Das Gemeinschaftsrechtverwehre es einem Arbeitgeber grundsätzlich nicht, qualifizierteArbeitnehmer dadurch an das Unternehmen zu binden, dass er MitarbeiternLohnerhöhungen oder Zuschläge auszahle, die an die Dauer derTätigkeit im Unternehmen gebunden seien. Die Treueprämie" des§ 50a GG zeichnesich im Gegensatz zu Treueprämien, die nur auf der Ebene der einzelnenUnternehmen wirkten, dadurch aus, dass sie auf der Ebene des betreffendenMitgliedstaats im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten wirke und dadurchunmittelbare Auswirkungen auf die Freizügigkeit der Professoren habe.Außerdem stuenden die einzelnen österreichischen Universitätennicht nur in Wettbewerb mit den Universitäten anderer Mitgliedstaaten,sondern auch untereinander. In letzterem Rahmen zeitige die genannte Vorschriftjedoch keine Auswirkungen.

Antwort des Gerichtshofes

70 Die besondere Dienstalterszulage, die derösterreichische Staat als Arbeitgeber den Universitätsprofessorennach§ 50a GGgewährt, stellt einen finanziellen Vorteil dar, der zum Grundgehalt, dassich bereits nach dem Dienstalter richtet, hinzu kommt. EinUniversitätsprofessor erhält diese Zulage, wenn er mindestens 15Jahre Dienstzeit an einer österreichischen Universität aufweist undzudem seit mindestens 4 Jahren die normale Dienstalterszulage bezieht.

71 Demnach schließt§ 50a GG jedeMöglichkeit aus, bei der Gewährung der besonderen DienstalterszulageDienstzeiten zu berücksichtigen, die ein Universitätsprofessor ineinem anderen Mitgliedstaat als der Republik Österreich geleistethat.

72 Eine solche Regelung kann die Freizügigkeit derArbeitnehmer unter zwei Gesichtspunkten behindern.

73 Zum einen benachteiligt sie Wanderarbeitnehmer aus anderenMitgliedstaaten als der Republik Österreich, da Dienstzeiten, die dieseals Universitätsprofessoren in diesen Mitgliedstaaten abgeleistet haben,nur deshalb nicht anerkannt werden, weil sie nicht an einerösterreichischen Universität abgeleistet wurden (in diesem Sinne,eine vergleichbare griechische Vorschrift betreffend, Urteil vom in der Rechtssache C-187/96, Kommission/Griechenland, Slg. 1998, I-1095,Randnrn. 20 und 21).

74 Zum anderen behindert diese unbedingte Weigerung, in anderenMitgliedstaaten als der Republik Österreich abgeleistete Dienstzeiteneines Universitätsprofessors anzuerkennen, die Freizügigkeit der inÖsterreich ansässigen Arbeitnehmer, da sie diese davon abhalten kann,das Land zu verlassen, um von ihren Freizügigkeitsrechten Gebrauch zumachen. Denn bei einer Rückkehr nach Österreich würden ihreBeschäftigungsjahre als Universitätsprofessor in einem anderenMitgliedstaat, d. h. in Ausübung einer vergleichbaren Tätigkeit,für die besondere Dienstalterszulage nach§ 50a GG nichtberücksichtigt.

75 Diesen Erwägungen steht entgegen dem Vorbringen derRepublik Österreich nicht entgegen, dass das Gehalt von zugewandertenUniversitätsprofessoren aufgrund des§ 48 Absatz 3 GG,wonach ihnen ein höheres Grundgehalt gewährt werden könne, umdie Einstellung von an ausländischen Universitäten tätigenProfessoren zu fördern, oftmals höher sei als dasjenige, dasProfessoren an österreichischen Universitäten - auch unterBerücksichtigung der besonderen Dienstalterszulage -bezögen.

76 Zum einen schafft§ 48 Absatz 3 GGnämlich nur eine Chance und gewährleistet nicht, dass der an einerausländischen Universität tätige Professor mit seiner Ernennungzum Professor an einer österreichischen Universität ein höheresGehalt als die Professoren an österreichischen Universitäten mitgleicher Berufserfahrung bezieht. Zum anderen ist die Ergänzung desGehalts, die nach§ 48 Absatz 3 GGbei der Einstellung angeboten werden kann, ganz anderer Natur als die besondereDienstalterszulage. Diese Vorschrift gleicht demnach die durch§ 50a GG bewirkteUngleichbehandlung der zugewanderten Universitätsprofessorengegenüber den Professoren an österreichischen Universitätennicht aus, was zu einer Beeinträchtigung der durch Artikel 48 EG-Vertragverbürgten Freizügigkeit der Arbeitnehmer führt.

77 Eine Maßnahme wie die Gewährung der besonderenDienstalterszulage nach§ 50a GGbeeinträchtigt folglich die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, wasgemäß Artikel 48 EG-Vertrag und Artikel 7 Absatz 1 der VerordnungNr. 1612/68 grundsätzlich untersagt ist. Eine solche Maßnahmewäre nur dann zulässig, wenn sie einen mit dem EG-Vertrag vereinbarenlegitimen Zweck verfolgte und aus zwingenden Gründen desAllgemeininteresses gerechtfertigt wäre. Zudem müsste ihreDurchführung zur Erreichung des verfolgten Zweckes geeignet sein, unddürfte nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen (vgl. u. a.Urteile vom in der Rechtssache C-19/92, Kraus, Slg. 1993,I-1663, Randnr. 32, vom in der Rechtssache C-55/94, Gebhard,Slg. 1995, I-4165, Randnr. 37, und vom in der RechtssacheC-415/93, Bosman, Slg. 1995, I-4921, Randnr. 104).

78 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom entschieden, dass die in§ 50a GGvorgesehene besondere Dienstalterszulage nach nationalem Recht eine Prämiedarstelle, die die Treue der an österreichischen Universitätentätigen Professoren gegenüber ihrem einzigen Dienstherrn, d. h. demösterreichischen Staat, honorieren solle.

79 Es ist daher zu prüfen, ob daraus, dass diese Zulagenach nationalem Recht eine Treueprämie darstellt, für dasGemeinschaftsrecht gefolgert werden kann, dass sie auf einem zwingenden Grunddes Allgemeininteresses beruht, der die mit ihr verbundeneBeeinträchtigung der Freizügigkeit rechtfertigen kann.

80 Hierzu ist vorab festzuhalten, dass der Gerichtshof bishernoch nicht entschieden hat, ob eine Treueprämie eine Beeinträchtigungder Freizügigkeit der Arbeitnehmer rechtfertigen kann.

81 In den Randnummern 27 des UrteilsSchöning-Kougebetopoulou und 49 des Urteils vom in derRechtssache C-195/98 (Österreichischer Gewerkschaftsbund, Slg. 2000,I-10497) hat der Gerichtshof das entsprechende Vorbringen der deutschen bzw.der österreichischen Regierung zurückgewiesen. Der Gerichtshof hatdort nämlich festgestellt, dass die in Rede stehende Regelung nichtgeeignet sei, die Treue eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeberzu honorieren, weil der Gehaltszuschlag, den der Arbeitnehmer für seinDienstalter erhalte, sich nach den bei einer Mehrzahl von Arbeitgeberngeleisteten Dienstjahren richte. Da der Gehaltszuschlag in den diesen Urteilenzugrunde liegenden Rechtssachen keine Treueprämie darstellte, brauchte derGerichtshof nicht zu prüfen, ob eine solche Prämie für sichallein eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit der Arbeitnehmerrechtfertigen könnte.

82 Im vorliegenden Fall hat der Verwaltungsgerichtshof inseinem Urteil vom entschieden, dass die in§ 50a GGvorgesehene besondere Dienstalterszulage die Treue des Arbeitnehmersgegenüber einem einzigen Arbeitgeber honoriere.

83 Zwar ist nicht auszuschließen, dass das Ziel derBindung der Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber im Rahmen einer Politik derForschung und der Hochschullehre einen zwingenden Grund des Allgemeininteressesdarstellt. Angesichts der besonderen Merkmale der im Ausgangsverfahren in Redestehenden Maßnahme kann die mit ihr verbundene Beeinträchtigungjedoch nicht mit diesem Ziel gerechtfertigt werden.

84 Zum einen sind alle Professoren an öffentlichenösterreichischen Universitäten zwar Arbeitnehmer eines einzigenArbeitgebers, nämlich des österreichischen Staates, jedoch beiverschiedenen Universitäten beschäftigt. Auf dem Arbeitsmarktfür Universitätsprofessoren stehen die einzelnenösterreichischen Universitäten aber nicht nur mit denUniversitäten anderer Mitgliedstaaten, sondern auch untereinander imWettbewerb. In letzterem Rahmen ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehendeMaßnahme nicht geeignet, die Treue eines Professors gegenüber derösterreichischen Universität, bei der er beschäftigt ist, zufördern.

85 Zum anderen soll die besondere Dienstalterszulage zwar dieTreue der Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber honorieren, sieentlohnt aber letztlich Professoren an österreichischenUniversitäten, die ihren Beruf weiterhin in Österreich ausüben.Diese Zulage kann sich damit auf die Entscheidung dieser Professoren füreine Beschäftigung an einer österreichischen Universität oder ander Universität eines anderen Mitgliedstaats auswirken.

86 Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende besondereDienstalterszulage bewirkt daher nicht nur eine Honorierung der Treue desArbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber. Sie führt auch zu einerAbschottung des Arbeitsmarkts für Universitätsprofessoren inÖsterreich und widerspricht dem Wesen der Freizügigkeit derArbeitnehmer.

87 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine Maßnahmewie die besondere Dienstalterszulage nach§ 50a GG dieFreizügigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigt, ohne durch einenzwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt zu sein.

88 Demnach ist auf die dritte Vorlagefrage zu antworten, dassdie Artikel 48 EG-Vertrag und 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1612/68 dahinauszulegen sind, dass sie es untersagen, eine besondere Dienstalterszulage, dienach der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom vertretenen Auslegung eine Treueprämie darstellt, nach Maßgabe einerBestimmung wie des§ 50a GG zugewähren.

Zur vierten und zur fünftenFrage

89 Mit der vierten und der fünften Frage, die gemeinsam zubehandeln sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Mitgliedstaatim vorliegenden Fall für eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch dasUrteil des Verwaltungsgerichtshofs vom haftet.

Beim Gerichtshof eingereichteErklärungen

90 Zur vierten Frage tragen der Kläger, die deutscheRegierung und die Kommission vor, dass Artikel 48 EG-Vertrag unmittelbaranwendbar sei und subjektive Rechte für den Einzelnen begründe, diedie nationalen Behörden und Gerichte zu schützenhätten.

91 Die Republik Österreich führt aus, dass die vierteFrage nur zu beantworten wäre, wenn der Gerichtshof die vorangehendenFragen nicht im von ihr vorgeschlagenen Sinne beantworte. Da die vierte Fragenur für den Fall der Bejahung der - ihrer Ansicht nach unzulässigen -dritten Frage gestellt worden sei, schlägt sie dem Gerichtshof vor, diesevierte Frage unbeantwortet zu lassen. Im Übrigen sei die Frage unklar, dader Vorlagebeschluss hierzu keine Begründung enthalte.

92 Die fünfte Frage ist nach Auffassung des Klägerszu bejahen, weil der Gerichtshof über alle Elemente verfüge, die ihmerlaubten, selbst zu entscheiden, ob der Verwaltungsgerichtshof imAusgangsverfahren den ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraumoffenkundig und erheblich überschritten habe.

93 Die Republik Österreich ist der Ansicht, dass es dennationalen Gerichten obliege, die Kriterien für die Haftung derMitgliedstaaten für Schäden anzuwenden, die dem Einzelnen durchVerstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden seien.

94 Für den Fall, dass der Gerichtshof die Frage, ob dieHaftung der Republik Österreich begründet sei, selbst beantwortensollte, führt sie jedoch, erstens, aus, dass Artikel 177 EG-Vertrag(jetzt: Artikel 234 EG) nicht bezwecke, dem Einzelnen Rechte zu verleihen.Diese Haftungsvoraussetzung sei daher nicht erfuellt.

95 Unstreitig sei, zweitens, dass den nationalen Gerichten beider Frage, ob sie im Rahmen eines bei ihnen anhängigen Rechtsstreits einVorabentscheidungsverfahren einleiten sollten oder nicht, ein weites Ermessenzukomme. Da der Gerichtshof in seinem Urteil Schöning-Kougebetopouloufestgestellt habe, dass Treueprämien nicht grundsätzlich denBestimmungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit widersprächen,sei der Verwaltungsgerichtshof zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass er in dembei ihm anhängigen Rechtsstreit die gemeinschaftsrechtlichen Fragen selbstentscheiden könne.

96 Sollte der Gerichtshof feststellen, dass derVerwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom gegenGemeinschaftsrecht verstoßen habe, so könne, drittens, das Verhaltendieses Gerichts jedenfalls nicht als qualifizierter Verstoß gegen dasGemeinschaftsrecht eingestuft werden.

97 Die Rücknahme der an den Gerichtshof gerichtetenVorlage durch den Verwaltungsgerichtshof könne, viertens, keinesfallskausal für den vom Kläger konkret geltend gemachten Schaden sein.Einer derartigen Argumentation liege nämlich die völligunzulässige Annahme zugrunde, dass eine Vorabentscheidung desGerichtshofes im Fall der Aufrechterhaltung des Vorabentscheidungsersuchenszwangsläufig die Rechtsansicht des Klägers bestätigt hätte.Mit anderen Worten würde dies bedeuten, dass der Schaden in Form derNichtauszahlung der besonderen Dienstalterszulage für den Zeitraum vom 1.Januar 1995 bis zum nicht eingetreten wäre, wenn dasVorabentscheidungsverfahren aufrechterhalten worden wäre und zu einerEntscheidung des Gerichtshofs geführt hätte. Eine derartigePräjudizierung der Entscheidung des Gerichtshofes in einemVorabentscheidungsverfahren im Sinne des Vorbringens einer Partei sei wedermöglich, noch sei es zulässig, darauf gestützt einen Schadengeltend zu machen.

98 Die deutsche Regierung trägt vor, dass dieFeststellung, ob die Voraussetzungen der Haftung des Mitgliedstaats erfuelltseien, dem zuständigen nationalen Gericht obliege.

99 Nach Ansicht der Kommission haftet der Mitgliedstaat imAusgangsverfahren nicht. Denn obwohl der Verwaltungsgerichtshof in seinemUrteil vom das Urteil Schöning-Kougebetopoulou falschausgelegt habe und durch seine Feststellung, dass§ 50a GG nichtgegen Gemeinschaftsrecht verstoße, gegen Artikel 48 EG-Vertragverstoßen habe, sei dieser Verstoß in gewisser Weiseentschuldbar.

Antwort des Gerichtshofes

100 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes obliegt dieAnwendung der Kriterien für die Haftung der Mitgliedstaaten fürSchäden, die Einzelnen durch Verstöße gegen dasGemeinschaftsrecht entstanden sind, entsprechend den vom Gerichtshofentwickelten Leitlinien (Urteil Brasserie du pêcheur und Factortame,Randnr. 58) grundsätzlich den nationalen Gerichten (Urteil Brasserie dupêcheur und Factortame, Randnr. 55 bis 57, British Telecommunications,Randnr. 411, vom in den Rechtssachen C-283/94, C-291/94 undC-292/94, Denkavit u. a., Slg. 1996, I-5063, Randnr. 49, und Konle, Randnr.58).

101 In der vorliegenden Rechtssache verfügt der Gerichtshofjedoch über alle Angaben, um feststellen zu können, ob dieVoraussetzungen für die Haftung des Mitgliedstaats gegeben sind.

Der Verstoß gegen eineRechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht

102 Die Gemeinschaftsrechtsnormen, deren Verletzung imAusgangsverfahren in Rede steht, sind, wie aus der Antwort auf die dritte Fragehervorgeht, die Artikel 48 EG-Vertrag und 7 Absatz 1 der Verordnung Nr.1612/68. Diese Vorschriften ziehen die Folgerung aus dem elementaren Grundsatzder Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der Gemeinschaft und verbieten jedeauf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung derArbeitnehmer der Mitgliedstaaten insbesondere bei der Entlohnung.

103 Diese Vorschriften bezwecken unbestreitbar, dem EinzelnenRechte zu verleihen.

Der hinreichend qualifizierteVerstoß

104 Vorab ist an den Ablauf des Verfahrens zu erinnern, das zumUrteil des Verwaltungsgerichtshof vom geführt hat.

105 In dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit zwischen demKläger und dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunstwegen dessen Weigerung, dem Kläger die besondere Dienstalterszulage nach§ 50a GG zugewähren, legte der Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof mit Beschlussvom , der unter der Nummer C-382/97 in das Register der Kanzleides Gerichtshofs eingetragen wurde, eine Frage nach der Auslegung des Artikels48 EG-Vertrag und der Artikel 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1612/68 zurVorabentscheidung vor.

106 Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Beschlussu. a. aus, dass es für die Entscheidung des bei ihm anhängigenRechtsstreits von entscheidender Bedeutung sei, ob es dem durchArtikel 48 EGV geprägtenGemeinschaftsrecht widerspreche, wenn der österreichische Gesetzgeber diebesondere Dienstalterszulage für ordentlicheUniversitätsprofessoren", der weder der Charakter einer Treueprämienoch einer Belohnung zukomme, sondern die einen Bezugsbestandteil im Rahmen desVorrückungssystems darstelle, von einer 15-jährigen Dienstzeit aneiner österreichischen Universität abhängig mache.

107 Zunächst ist festzustellen, dass aus diesemVorlagebeschluss eindeutig hervorgeht, dass der Verwaltungsgerichtshofseinerzeit der Ansicht war, dass diese besondere Dienstalterszulage nachnationalem Recht keine Treueprämie darstelle.

108 Sodann trug die österreichische Regierung in ihrenschriftlichen Erklärungen in der Rechtssache C-382/97 lediglich vor, dassdie dort vorgesehene besondere Dienstalterszulage eine Treueprämiedarstelle, um darzutun, dass§ 50a GG keinenVerstoß gegen den in Artikel 48 EG-Vertrag verankerten Grundsatz derFreizügigkeit der Arbeitnehmer darstelle.

109 Schließlich hatte der Gerichtshof in den Randnummern22 und 23 seines Urteils Schöning-Kougebetopoulou bereits entschieden,dass eine Maßnahme, die jede Möglichkeit einer Berücksichtigungvon im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaatszurückgelegten vergleichbaren Beschäftigungszeiten ausschließt,gegen Artikel 48 EG-Vertrag verstößt.

110 Da der Gerichtshof zum einen bereits entschieden hatte, dasseine solche Maßnahme gegen diese Vertragsbestimmung verstößt,und zum anderen die einzige von der österreichischen Regierungvorgetragene Rechtfertigung in Anbetracht des Vorlagebeschlusses nichtsachdienlich war, übermittelte der Kanzler des Gerichtshofes demVerwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom das UrteilSchöning-Kougebetopoulou, so dass dieser prüfen konnte, ob erüber die Kriterien für die Auslegung des Gemeinschaftsrechtsverfügte, die er für die Entscheidung des bei ihm anhängigenRechtsstreits benötigte, und ersuchte ihn um Mitteilung, ob er es imHinblick auf dieses Urteil noch für notwendig erachte, dasVorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten.

111 Mit Verfügung vom gab derVerwaltungsgerichtshof den Parteien des bei ihm anhängigen RechtsstreitsGelegenheit, zur Anfrage des Kanzlers des Gerichtshofes Stellung zu nehmen.Dabei stellte er vorläufig fest, dass die im betreffendenVorabentscheidungsverfahren anhängig gemachte Rechtsfrage zugunsten desKlägers gelöst worden sei.

112 Mit Beschluss vom nahm derVerwaltungsgerichtshof sein Vorabentscheidungsersuchen zurück, da dieAufrechterhaltung dieses Ersuchens für die Entscheidung des Rechtsstreitsnicht mehr erforderlich sei. Er wies darauf hin, dass die im vorliegenden Fallentscheidende Frage laute, ob es sich bei der besonderen Dienstalterszulage umeine Treueprämie handele, und dass diese im Rahmen des nationalen Rechtszu beantworten sei.

113 Hierzu führte der Verwaltungsgerichtshof in seinemUrteil vom aus, dass er in seinem Beschluss vom ,mit dem das Vorabentscheidungsersuchen gestellt wurde, davon ausgegangen sei,dass der besonderen Dienstalterszulage für ordentlicheUniversitätsprofessoren" weder der Charakter einer Treueprämie nochder einer Belohnung zukomme und dass diese im Verhältnis zu den Parteiendes verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht verbindlich geäußerteRechtsauffassung nicht aufrechterhalten werde. Der Verwaltungsgerichtshofgelangt nämlich in diesem Urteil zu dem Schluss, dass diese Zulage sehrwohl eine Treueprämie darstelle.

114 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass derVerwaltungsgerichtshof die Klassifizierung der besonderen Dienstalterszulagenach nationalem Recht abgeändert hat, nachdem ihn der Kanzler desGerichtshofes um Mitteilung ersucht hatte, ob er seinVorabentscheidungsersuchen aufrechterhalten wolle.

115 Infolge dieser Umklassifizierung der in§ 50a GGvorgesehenen besonderen Dienstalterszulage wies der Verwaltungsgerichtshof dieBeschwerde des Klägers ab. In seinem Urteil vom leitete ernämlich aus dem Urteil Schöning-Kougebetopoulou ab, dass dieseZulage, da sie als Treueprämie zu qualifizieren sei, auch danngerechtfertigt sein könne, wenn sie an sich gegen dasDiskriminierungsverbot des Artikels 48 EG-Vertrag verstoße.

116 Wie sich aus den Randnummern 80 und 82 des vorliegendenUrteils ergibt, hat sich der Gerichtshof im UrteilSchöning-Kougebetopoulou zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungeneine mit einer Treueprämie einhergehende Beschränkung derArbeitnehmerfreizügigkeit gerechtfertigt sein könnte, nichtgeäußert. Die Erwägungen, die der Verwaltungsgerichtshof ausdiesem Urteil abgeleitet hat, beruhen daher auf einer irrigen Auslegung desUrteils.

117 Da der Verwaltungsgerichtshof somit zum einen seineAuslegung des nationalen Rechts durch Klassifizierung der in§ 50a GGvorgesehenen Maßnahme als Treueprämie änderte, nachdem ihm dasUrteil Schöning-Kougebetopoulou übersandt worden war, und derGerichtshof sich zum anderen noch nicht zu der Frage geäußert hatte,ob eine mit einer Treueprämie einhergehende Beschränkung derArbeitnehmerfreizügigkeit gerechtfertigt sein könnte, hätte derVerwaltungsgerichtshof sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechterhaltenmüssen.

118 Der Verwaltungsgerichtshof durfte nämlich nicht davonausgehen, dass sich die Lösung der Rechtsfrage einer gesichertenRechtsprechung des Gerichtshofes entnehmen oder keinerlei Raum für einenvernünftigen Zweifel lasse (vgl. Urteil vom in derRechtssache 283/81, CILFIT u. a., Slg. 1982, 3415, Randnrn. 14 und 16). Er wardaher nach Artikel 177 Absatz 3 EG-Vertrag verpflichtet, seinVorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten.

119 Wie sich aus der Antwort auf die dritte Frage ergibt, gehtmit einer Maßnahme wie der in§ 50a GGvorgesehenen besonderen Dienstalterszulage, selbst wenn sie alsTreueprämie qualifiziert werden kann, eine Beeinträchtigung derFreizügigkeit der Arbeitnehmer einher, die gegen Gemeinschaftsrechtverstößt. Infolgedessen hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinemUrteil vom gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.

120 Es ist somit unter Berücksichtigung der nach denRandnummern 55 und 56 des vorliegenden Urteils zu berücksichtigendenGesichtspunkte zu prüfen, ob dieser Verstoß gegen Gemeinschaftsrechtoffenkundig ist.

121 Hierzu ist, erstens, festzustellen, dass der Verstoßgegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Antwort aufdie dritte Frage sind, an sich nicht als offenkundig eingestuft werdenkann.

122 Das Gemeinschaftsrecht regelt nämlich die Frage, obeine Maßnahme wie eine Treueprämie, die den Arbeitnehmer an seinenArbeitgeber bindet, aber zugleich die Arbeitnehmerfreizügigkeitbeeinträchtigt, gerechtfertigt und somit mit dem Gemeinschaftsrechtvereinbar sein kann, nicht ausdrücklich. Diese Frage war auch in derRechtsprechung des Gerichtshofes noch nicht beantwortet worden. Darüberhinaus lag die Antwort nicht auf der Hand.

123 Diesem Schluss steht, zweitens, nicht entgegen, dass derVerwaltungsgerichtshof, wie in Randnummer 118 des vorliegenden Urteilsausgeführt, sein Vorabentscheidungsersuchen hätte aufrechterhaltenmüssen. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im vorliegenden Fall nämlichbeschlossen, das Vorabentscheidungsersuchen zurückzunehmen, weil erangenommen hatte, dass die Antwort auf die zu entscheidende Frage desGemeinschaftsrechts bereits im Urteil Schöning-Kougebetopoulou gegebenworden sei. Aufgrund der irrigen Auslegung dieses Urteils hielt es derVerwaltungsgerichtshof nicht mehr für erforderlich, dem Gerichtshof dieseAuslegungsfrage vorzulegen.

124 In Anbetracht der Umstände dieses Falles ist dahernicht davon auszugehen, dass der in Randnummer 119 des vorliegenden Urteilsfestgestellte Verstoß offenkundig und somit hinreichend qualifiziertist.

125 Hinzuzufügen ist, dass diese Antwort dieVerpflichtungen unberührt lässt, die sich für den betreffendenMitgliedstaat aus der Antwort des Gerichtshofes auf die dritte Frageergeben.

126 Die vierte und die fünfte Frage sind somit dahin zubeantworten, dass ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, wie er sichunter den Umständen des Ausgangsverfahrens aus dem Urteil desVerwaltungsgerichtshofs vom ergibt, nicht offenkundig ist, wie esnach Gemeinschaftsrecht Voraussetzung der Haftung eines Mitgliedstaats füreine Entscheidung eines seiner letztinstanzlichen Gerichte ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

127 Die Auslagen der österreichischen, der deutschen, derfranzösischen und der niederländischen Regierung, der Regierung desVereinigten Königreichs und der Kommission, die Erklärungen vor demGerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für dieParteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beidem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidungist daher Sache dieses Gerichts.

EuGH, Urteil v. 30.09.2003 - C-224/01 (2024)
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